Ich stehe an der Bushaltestelle, schreibe eine SMS. Drücke auf Senden und löse meinen Blick vom Display.

Da steht sie. Wie aus dem Nichts.

Auf einmal bin ich etwas nervös und nestle verlegen an meinem Schal rum, um mich abzulenken. Weiss nicht, was ich sagen soll. Suche nach den richtigen Worten.

«Schön, dich wiederzusehen! Gut siehst du aus, was machst du so?» Es fühlt sich komisch an. Nach all den Jahren.

Wir reden übers Wetter. Über Banalitäten. Tauschen die üblichen Nettigkeiten aus. «Ruf mich doch mal an, wir sollten uns wieder mal auf einen Kaffee oder ein Bier treffen!» – Obwohl wir beide genau wissen, dass was über unsere Lippen kommt, eigentlich nicht das ist, was wir wirklich denken.

Sie ist eine Fremde. Eine Fremde, die ich mal gekannt hab.

Nichts Ungewöhnliches. Nichts, worüber ich mir den Kopf zerbrechen sollte. Nichts, worüber ich mir Sorgen machen muss. Es passiert. Man entwickelt sich weiter, spricht irgendwann nicht mehr über dieselben Dinge. Und mit der Zeit auch nicht mehr dieselbe Sprache.

Das Leben halt.

Es gab diese Zeit, da verstanden wir uns ohne Worte. Damals haben wir unsere Ängste und Träume geteilt – heute tönt der Klang ihrer Stimme fremd in meinen Ohren.

Wir sind älter geworden – wenn vielleicht auch nicht unbedingt weiser – aber wir haben einiges erlebt. Und heute sind wir bestimmt nicht so, wie wir uns das damals ausgemalt haben. Siege, Niederlagen – wir haben sie ohne einander gefeiert und überstanden. Und mit der Zeit ist sie jemand geworden, den ich mal gekannt hab.

Eine Fremde, die ich mal gekannt hab.

Es sollte mich nicht weiter kümmern.

Es passiert.

 

 

Bild von Natthakit Khamso on Unsplash

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17. Oktober 2017

Kommentare

Sehr schön und treffend geschrieben! Leute kommen und gehen im Leben, nur eine Handvoll bleiben; wenn überhaupt… Und was lange wärt, wird halt manchmal fad… 😉

Herzlichen Dank für das Kompliment!
Genau, manchmal muss man Menschen und Dinge loslassen, auch wenn es schmerzt. Und manchmal geschieht das auch ganz von alleine und schleicht sich nach und nach ein.

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